Seniorenbetreuung in Deutschland – eine Bestandsaufnahme

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Paderborn (pts012/23.08.2012/10:30) – Wenn es im Alter schwierig wird, die alltäglichen Dinge selbst zu meistern, ist eine 24-Stunden-Betreuung eine wirkliche Entlastung für die Senioren selbst und vor allem auch für die Angehörigen.

In der Bevölkerung gibt es ganz allgemein trotzdem sehr viele Vorbehalte, eine ausländische Betreuerin zu beschäftigen. Nicht jeder möchte in seine private Sphäre einen fremden Menschen lassen, und schon gar keine ausländische Kraft. Dazu kommt, dass die Aufklärung über die Leistungen und über die verschiedenen Modelle, wie eine solche Hilfe bei einem/er Senior/in beschäftigt sein kann sehr dürftig sind.

Klar abzugrenzen ist, dass eine Haushaltshilfe nun mal keine pflegerische Kraft ersetzen kann und darf. Bei Behandlungspflege ist also immer eine zusätzliche Pflege z.B. durch einen ambulanten Dienst erforderlich.

Etabliert haben sich auf dem deutschen Markt drei Modelle, die sich recht unterschiedlich auswirken.

1. Modell der Selbständigkeit

Die Betreuer/innen melden ein Gewerbe an ihrem Wohnsitz an. Betreuer/innen aus dem EU- Raum können aufgrund der im EU-Beitrittsvertrag geregelten Niederlassungsfreiheit in Deutschland ein Gewerbe anmelden. Sie sind also selbständig.

Es wird zwischen der Betreuerin und der zu betreuenden Person ein Vertrag geschlossen und die erbrachten Leistungen werden gegen Rechnung mit der Familie abgerechnet. Daher können die entstehenden Kosten sehr unterschiedlich hoch sein, sind aber durch Wegfall der Sozialversicherungspflicht geringer als bei den anderen Modellen.

Problematisch ist, dass es sich durchaus auch um eine sogenannte Scheinselbständigkeit handeln kann. Gerade bei ausländischen Betreuer/innen kann man aus Deutschland kaum kontrollieren, ob das Gewerbe wieder abgemeldet wurde. Darüber hinaus wird der Altersarmut Vorschub geleistet, denn die wenigsten Selbständigen haben genügend Geld um private Vorsorge zu treffen.

2. Arbeitgebermodell beim Pflegebedürftigen

Die Senioren selbst oder dessen Angehörige werden mit allen Rechten und Pflichten Arbeitgeber und melden bei der Agentur für Arbeit eine freie Stelle oder suchen selbst. Die Haushaltshilfen haben Anspruch auf eine tarifgerechte Entlohnung sowie Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Bei einer tarifgerechten Entlohnung incl. aller steuer- und sozialversicherungspflichtigen Lohnbestandteile Kosten in Höhe von bis zu 3000 Euro/Monat auf die Familien zu.

3. Entsendung von einem osteuropäischen Dienstleitungsunternehmen

Ein Vermittlungsbüro stellt den Kontakt zwischen der Familie und dem osteuropäischen Dienstleitungsunternehmen her, oder man wendet sich driekt an das ausländische Unternehmen. Die Betreuer/innen werden bei dem osteuropäischen Dienstleitungsunternehmen angestellt und werden in die deutschen Familie entsendet. Das Dienstleitungsunternehmen ist also Arbeitgeber für die Haushaltshilfe und führt die Steuern und auch alle Sozialversicherungsbeiträge ab. Der Nachweis für die Abgabe der Sozialversicherungsbeiträge ist ein Formular A1. Das Arbeitgeberrisiko trägt zu 100 Prozent das ausländische Unternehmen.

Verstärkt werden Ängste und Verunsicherungen auch noch durch einseitige oder spektakuläre Mediendarstellungen. Klar gibt es schwarze Schafe, wie in jeder Branche, die auch entlarvt werden sollen. Es gibt aber auch eine Reihe von seriösen Anbietern, denen mit diesen Veröffentlichungen geschadet wird.

Ein Interview zum Thema mit Herrn Werner Tigges, Vorstand des Bundesverbandes Haushaltshilfe und SeniorenBetreuung e.V. (BHSB e.V.) und dem Fragesteller Detlef Klemme (DK) vom Redaktionsbüro BLiCKpunkt Senioren, Paderborn:

DK : Herr Tigges, wie beurteilen Sie die öffentliche Diskussion zum Thema 24-Stunden-Betreuung in Deutschland?

WT : Gerade in der jüngsten Zeit wird immer wieder versucht durch einseitige Darstellung in der Presse das Thema so darzustellen, dass unterm Strich die Menschen nur verunsichert werden.

DK : Was meinen Sie genau?

WT : Nun, es gab z.B. einen Artikel in einer großen deutschen Tageszeitung im Juni diesen Jahres, der meiner Meinung nach nicht nur schlecht recherchiert war, sondern auch noch falsche Behauptungen aufstellt. Dort wird z.B. kritisiert, dass die Agenturen Geld verdienen. Nun frage ich Sie – seit wann ist denn Geld verdienen in Deutschland verwerflich? Und das Märchen, dass die Inhaber der Agenturen sich einen Porsche nach dem anderen kaufen, glaubt sowieso kein Mensch, denn wer mal genau hinsieht, der weiß dass dort mit Margen zwischen 10 bis 12 Prozent gearbeitet wird – und das ist eine ganz normale und übliche Gewinnspanne. Ich glaube, dass dieser Artikel einfach dem Sommerloch geschuldet ist.

DK : Wäre das nicht etwas zynisch?

WT: Ich denke nicht, dass das zynisch von mir ist, eher von der Zeitung, denn wenn man mal davon ausgeht, dass der Bedarf an dieser Dienstleistung riesengroß ist und die Familien teilweise einfach nicht wissen wie sie ihre Angehörigen betreuen sollen, dann muss man sich auch darüber klar sein, dass durch solche Darstellungen nur Unsicherheit und Mistrauen gesät wird.

DK: Was können Sie den Menschen, die eine Betreuung suchen mit auf den Weg geben?

WT : Zum einen haben wir im Bundesverband Qualitiätskriterien aufgestellt, denen sich jedes Mitglied unterwerfen muss. Dabei ist es erst mal egal, welches Modell die jeweilige Agentur anbietet. Jedes Model hat seine eigenen Vor- und Nachteile. Man muss sich schon damit auseinandersetzen. Wir im BHSB versuchen eine vorbehaltlose Aufklärung für alle Modelle. Ich warne jedoch vor den Agenturen und Meinungsmachern, die die Modelle ihrer Mitkonkurrenten mies machen, um ihr eigenes Modell anzupreisen, das ist nicht nur schlechter Stil, sondern auch verantwortungslos.

DK : Was meinen Sie?

WT : Nun, als erste Reaktion auf den oben genannten Artikel gab es eine Stellungnahme eines Verbandes, der aus einer Agentur entstanden ist und so wie es aussieht auch nur die Interessen dieser Agentur mit Sitz in der Nähe von Marburg vertritt. Darin wird das Modell der Entsendung angegriffen. Zum Verständnis: diese Agentur arbeitet nur mit Selbständigen BetreuerInnen und verspricht sich sicher dadurch ein größeres Geschäft, indem andere Agenturen angegriffen und schlecht gemacht werden. Ich will mich nicht weiter dazu auslassen, denn ich möchte nicht in eine Schlammschlacht verwickelt werden, die letztlich keinem dient – am wenigsten den Hilfesuchenden.

DK : Was planen Sie als nächstes?

WT : Wir haben Kontakt zu dem Gegenstück unseres Verbandes in Polen aufgenommen und versuchen gemeinsam auf politischer Ebene, das Thema weiter voranzutreiben. Wir versprechen uns auch, dass im Laufe der Kooperation immer mehr schwarze Schafe an den Rand gedrängt werden, denn wie man sieht, ist Aufklärung sehr wichtig.

DK : Vielen Dank und alles Gute.

Aussender: BLiCKpunkt Senioren, Klemme & von Treskow GbR
Ansprechpartner: Deltef Klemme
E-Mail: kontakt@blickpunkt-redaktionsbuero.de
Tel.: 0 52 51 / 69 49 321
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Quelle: www.pressetext.com/news/20120823012

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