Das Samsung Galaxy S8 ist kaum ein paar Wochen auf dem Markt und hat bereits den ersten kleinen Skandal durchstehen müssen. Das äußerst schlanke und nahezu vollkommen rahmenlose Gerät schneidet in Falltests unterdurchschnittlich ab und hat bereits viele User genervt zurückgelassen. Im Netz finden sich bereits etliche Bilder und Videos von nahezu komplett zerstörten Displayrändern. Ein Unding, möchte man meinen. Doch die Fragilität der sensiblen Displays ist kein exklusives Samsung-Problem. Nahezu jeder Smartphone-Nutzer durfte sich schon über die sogenannte Spider App ärgern, also über ein zerbrochenes oder zersplittertes Display. Dabei muss das Telefon nicht einmal einen wirklich spektakulären Abgang machen, oftmals reicht schon eine Fallhöhe von 30 Zentimetern unter Beihilfe eines ungünstigen Fallwinkels und schon ist der Bildschirm dahin. Schäden, die der Hersteller natürlich nicht in seinen Garantie- und Gewährleistungspunkten anführt. Im Notfall bleibt nur der Austausch oder die Reparatur im Fachgeschäft. Entsprechende Handyversicherungen bieten zumindest finanzielle Erleichterung, nehmen aber nicht den Ärger und den Aufwand.
Materialentwicklung, ein Balanceakt
Wieso brechen unsere Smartphones so schnell? Und tun sie das überhaupt? Oder ist das ein Problem der rein subjektiven Wahrnehmung? Tatsächlich ist das Thema Robustheit beim Handy ein aufwendiger Balanceakt für die Hersteller. Der Kompromiss muss hier zwischen den Kundenerwartungen an das Gerät und der technischen Machbarkeit auf Entwicklerseite eingegangen werden. Der Trend, dass Telefone immer größer, schlanker, leichter und handlicher werden beisst sich naturgemäß mit der allgemeinen Robustheit, die die Geräte ebenfalls mitbringen sollen. Das zeigt sich am Galaxy S8 ganz exemplarisch. Das Handy besteht fast nur noch aus Display, hat nahezu keinen Rahmen mehr, welcher für zusätzliche Stabilität sorgen würde und ist mit 8 Millimetern Dicke extrem schmal geraten. Das sieht gut aus und begeistert den Nutzer, der das Handy gerne in die Hand nimmt, telefoniert, chattet und Spiele spielt. Die Herausforderung für die Entwicklungsabteilung besteht also darin, die verbliebenen Telefonteile gleichermaßen leicht und maximal robust zu bekommen. Denn die allgemeine Widerstandsfähigkeit eines Materials setzt sich aus mehreren Aspekten zusammen: Härte, Brüchigkeit und Elastizität. Erhöht man die Werte eines Parameters, verringert man die eines anderen. Erhöht man den Härtegrad, nimmt die Sprödigkeit zu und die Elastizität ab. Eine Lösung sind Verbundstoffe, Legierungen und spezielle Materialbehandlungen.
Gorilla Glas und Alternativen
Apple und Samsung nutzen für Ihre Displays das sogenannte Gorilla Glas der Firma Corning, ein speziell behandelter Stoff, der gegenüber normalem Glas eine doppelt bis dreifach höhere Kratzfestigkeit haben soll. Und das bei einer Stärke von zwischen 0,7 und 2,0 Millimetern. Mit steigender Displaygröße wird aber auch dieses Material anfälliger für Brüche.
Wenn man nun also beispielsweise das iPhone 5 mit dem aktuellen Samsung Galaxy S8 vergleicht, wird in Puncto Stabilität klar das iPhone 5 gewinnen. Das Display ist kleiner, wodurch eine geringere Spannung auf dem Material liegt. Das Gerät ist zudem dicker und wird zusätzlich durch einen legierten Aluminiumrahmen geschützt, welcher seinerseits nochmals kraftabsorbierend wirkt, wodurch das Display entlastet wird. Die Herausforderung für Entwickler besteht also darin, den Kundenansprüchen in beiden Richtungen entgegen zu kommen. Eleganteres Design und mehr Stabilität gleichermaßen.
Es gibt aber durchaus Alternativen zum Glas. Kunststoff wäre eine. Das Material wäre fest und flexibel genug, um Stürze locker wegzustecken, jedoch bietet es nur geringe Kratzfestigkeit. Sapphir, also ein Edelstein, zeichnet sich durch seine enorme Härte aus und wäre wohl nur von einem Diamanten zu durchdringen, eignet sich allerdings aufgrund der hohen Sprödigkeit nicht für größere Flächen. Apple nutzt Sapphir aber partiell für seine Kameralinsen oder den Home Button.
Verschleiss erwünscht?
Keine Entwicklungsabteilung möchte ein schlechtes Produkt abliefern. Immerhin sind die Flaggschiffe stark prestigeträchtig. Doch der Kosten-Nutzen-Faktor ist natürlich aber immer präsent und zwingt die Hersteller dazu, an gewissen Stellen vielleicht doch zu sparen. In den meisten Fällen kommt die Materialentwicklung der Designabteilung aber einfach nicht schnell genug hinterher, sodass ausnahmslos alle Smartphones im gewissen Maße Kompromisslösungen darstellen. Natürlich ist die Nutzungsdauer der Geräte heute denkbar kurz, da sie kaum technischen Notwendigkeiten, sondern vielmehr modischen Gesichtspunkten unterliegt. Der vielbeschworene „geplante Verschleiß“ oder die Sollbruchstellen kommen beim Produkt Smartphone kaum zum Tragen. Die Obsoleszenz liegt hier Umfragen zufolge bei etwa zwei Jahren oder weniger. Das hängt mit dem aktuellen modischen Empfinden, aber auch mit Vertragsoptionen zusammen, wodurch Nutzer oft schon nach ein oder zwei Jahren auf ein neues Gerät umsteigen. Für die Hersteller ist das natürlich ein Segen, spült es Ihnen doch immer wieder neues Geld in die Kassen. Ein schlecht verarbeitetes Gerät kann sich aber dennoch kein Hersteller leisten. Schließlich möchte man keinen Nutzer an die Konkurrenz verlieren. Dennoch führt an schützendem Zubehör wie Handyhüllen und Displayfolien erstmal kein Weg vorbei.