Dithmarscher Kohltage – die 30. Liebeserklärung an das Nationalgemüse und die Region
HEIDE. Vor 30 Jahren rief Peter Quirin gemeinsam mit Weggefährten die Dithmarscher Kohltage ins Leben. Der Vater der Dithmarscher Kohltage wollte etwas Nachhaltiges für die Region schaffen und die Stärken des Westküstenkreises betonen. Seitdem feiern die Dithmarscherinnen und Dithmarscher mit Gästen in der dritten vollen Septemberwoche dieses Erntefest der besonderen Art. Denn die Kohltage sind auch eine Liebeserklärung an das Nationalgemüse und die Region.
Kreispräsident Hans-Harald Böttger gratuliert zum runden Geburtstag: „Dank der Dithmarscher Kohltage lernen Gäste neben regionalen Spezialitäten auch unsere Region sowie die Gastfreundschaft der Dithmarscherinnen und Dithmarscher kennen. Besonders danke ich den Gaststätten, die sich an der Veranstaltung mit ihren Kreationen beteiligen, sowie den jährlich wechselnden Landwirtschaftsbetrieben, die für das Anschnittsfest ihren Hof zur Verfügung stellen: Sie werben für Produktqualität und für unsere Region.“
Landrat Dr. Jörn Klimant fügt hinzu: „Dreißig Jahre Engagement für die Dithmarscher Kohltage etablierten das Produktfest zu einer überregionalen Marke. Dass die Kohltage weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind, dies haben wir den vielen Aktiven zu verdanken, die so gut anpacken und Ideen beisteuern: Ganz herzlich danke ich dafür den Organisatoren, Sponsoren, den Verbänden sowie den Städten und Gemeinden.“
Geburtsstunde der Dithmarscher Kohltage
Am Anfang standen die Fragen: Was sind Dithmarschens Stärken und was zeichnet die Region aus? Für Peter Quirin, Mitte der 80er Jahre Gesellschafter einer PRAgentur, lag die Antwort nah: Mit rund 80 Millionen jährlich geernteten Kohlköpfen gilt Dithmarschen als größtes zusammenhängendes Kohlanbaugebiet Europas. Der Kohl war schnell als Markenzeichen für die Region gefunden. Als Vorbild für das Produktfest an der Westküste diente das Oktoberfest in München.
Peter Quirin brachte seine ganze Erfahrung als Unternehmer ein und nutzte seine Kontakte, um die Dithmarscher Kohltage mit Leben zu füllen: „Am Anfang musste ich viele Hürden überwinden. Zunächst mochte niemand daran glauben, dass ein Produktfest in Dithmarschen gelingen könnte. Viele sagten, das sei zu teuer und man finde keine Unterstützer.“
Von diesen Zweifeln ließ sich der gebürtige Hamburger nicht entmutigen. Quirin hielt an seiner Vision fest: „Die Dithmarscher Kohltage sollten alle Gewerke und Unternehmen, von der Landwirtschaft bis zur Kultur, aus der Region verbinden, getragen von der ehrenamtlichen Arbeit, um Gäste für Dithmarschen zu begeistern.“
An das erste Anschnittsfest 1987 auf dem Versuchsfeld der Gemüsezucht-Genossenschaften in Marne (heute Rijk Zwaan Marne GmbH) erinnert sich Quirin noch sehr gut: „Wir waren fünf Leute und standen bei strömendem Regen auf dem matschigen Kohlfeld. Anschließend feierten wir den Anschnitt in einer Gaststätte.“
Nach dieser verregneten Premiere wuchsen die Dithmarscher Kohltage kontinuierlich an. Zunächst begann man das Anschnittsfest und die Eröffnungsfeier an wechselnden Orten im Kreisgebiet. Die erste Kompaktveranstaltung fand 2003 auf dem Hof der Familie Ufen in Karolinenkoog statt. Seitdem feiert man die Eröffnungsfeier und den Anschnitt auf einem ebenso jährlich wechselnden Anschnittshof. Und heute kommen tausende Besucherinnen und Besucher aus nah und fern zum Anschnittsfest.
Die Dithmarscher Kohltage leisteten auch Pionierarbeit. „Die Kohltage wurden selbst zum Vorbild für weitere norddeutsche Produktfeste“, erklärt Quirin.
Heute blickt der „Vater“ der Dithmarscher Kohltage positiv auf die Entwicklung: „Für mich sind Dithmarschen und die Kohltage heute untrennbar miteinander verbunden. Ich freue mich besonders über die Vielfalt und das große ehrenamtliche Engagement in den Städten und Gemeinden.“
Kohlregentinnen: Die Charmeoffensive für den Kohl
Traditionell repräsentieren seit 1988 zwei Kohlregentinnen die Dithmarscher Kohltage. Aktuell sind Maren Glatter (Maren I.) und Silke Nöhren (Silke I.) im Amt.
Silke Nöhren sagt: „Mit der Kohlregentschaft erfülle ich mir einen lang gehegten Traum. Denn seit meiner Kindheit stellen die Kohlregentinnen etwas Besonderes dar und stehen auch für meine Heimat Dithmarschen.“
Maren Glatter hat während ihrer Amtszeit viele positive Eindrücke gesammelt: „Es sind neue und interessante Kontakte entstanden. Und die Leute freuen sich auch immer, wenn sie uns als Kohlregentin sehen, und nehmen uns besonders herzlich in Empfang.“
Die Kohlregentinnen haben nicht nur während des Herbst-Events Saison, sondern sie sind als Werbeträgerinnen überregional unterwegs wie auf der Grünen Woche in Berlin oder als Gast auf bundesweiten Produktfesten. Es gibt zwei Regentinnen, damit sie sich besser untereinander die Termine und das gesamte Kreisgebiet aufteilen können. Die Amtszeit dauert zwei Jahre.
Das Amt erinnert an Dithmarschens Geschichte als Bauernrepublik. Seit dem späten Mittelalter bis 1559 trafen Regenten aus den Reihen der wohlhabenden Bauern in den Dithmarscher Kirchspielgemeinden Entscheidungen über die Zukunft der Region.
Die Kleider wurden speziell für die Dithmarscher Kohltage entworfen. Sie nehmen die Farben Rot und Weiß des Kreiswappens auf. Auch enthalten sie Details ursprünglicher Bauernkleidung wie den Gürtel: Mit der Knopfanzahl zeigte die Trägerin die Hektargröße ihres Hofes an: Ein Knopf steht dabei für zehn Hektar. Die Kleidung wird heute von der Schneiderin Elfriede Hayn aus Kuden angepasst und gepflegt.
Der Regentinnenstieg in Marne: „Walk of Kohl“
Hollywood in Marne? Statt eines „Walk of Fame“ in Los Angeles gibt es zu Ehren der Kohlregentinnen den Regentinnenstieg in Marne. Der Regentinnenstieg in der Steinstraße feiert zum 30. Geburtstag Premiere. Zukünftig sollen alle Kohlregentinnen mit einer Bodenfliese aus Spezialton verewigt werden mit Namen, Heimatort, Amtszeit sowie einem individuellen Motiv.
„Mit dem Stieg würdigen wir die Regentinnen, die entscheidend zum Erfolg der Kohltage beitragen. Auch zeigt die Nennung der Wohnorte, wie bekannt und weit verbreitet die Veranstaltung in unserer Region ist“, erklärt Frank Eschenbach, Leiter des Fachdienstes Bauverwaltung und Stadtentwicklung des Amtes Marne-Nordsee.
Die Regentinnen gestalten ihr eigenes Motiv. „Dies verleiht den Tafeln eine unverwechselbare Note“, so Frank Eschenbach. Dieser individuelle Entwurf wird von der Töpferei Claußen in Brunsbüttel umgesetzt, mit keramischen Farben bemalt und glasiert. Jedes Jahr soll zur Eröffnung des Marner Stadtfestes eine weitere Platte hinzugefügt werden.
Außerdem wird an einer Hauswand in der Steinstraße eine Informationstafel zu den Regentinnen, der Tracht und den Kohltagen erstellt.
Der Regentinnenstieg wurde von der Stadt Marne und dem Gewerbeverein Marne initiiert. Die Kosten für die Produktion und die Einsetzung der Tonplatten teilen sich der Verein zur Förderung Dithmarschens, die Stadt Marne und der Gewerbeverein Marne.
Fakten rund um das Nationalgemüse
Dithmarschen ist Europas größtes zusammenhängende Anbaugebiet für Kohl: Auf rund 3.000 Hektar gedeihen jährlich rund 80 Millionen Kohlköpfe. Der Marschboden und das milde Klima an der Westküste schaffen ideale Bedingungen für das vitamin- und mineralstoffreiche Gemüse. Circa 280 landwirtschaftliche Gemüseanbaubetriebe gibt es in Dithmarschen. Rund 217.000 Tonnen Kohl reifen auf den Dithmarscher Feldern. Weißkohl wird am meisten angebaut. Außerdem wachsen Rotkohl, Wirsingkohl, Blumenkohl, Rosenkohl und weitere Kohlarten wie Chinakohl, Brokkoli sowie Grünkohl und Kohlrabi auf Dithmarschens Feldern.
Im Januar 2014 wurde der Weiß- und Rotkohl aus Dithmarschen in das EU-Qualitätsregister für landwirtschaftliche Produkte aufgenommen und darf das Gütezeichen „g.g.A.“ (geschützte geografische Angabe) tragen.
Eduard Lass – Pionier des Kohlanbaus
Der Wesselburener Gärtner Eduard Lass (1859 – 1924) begründete den flächendeckenden Kohlanbau in Dithmarschen und bewies neben Forschergeist auch viel Geschäftssinn. Er experimentierte um 1889 mit dem Kohlanbau bei dem Gutsbesitzer Schröder. Dabei fand Lass heraus, dass der Marschboden und das Klima an der Westküste ideale Bedingungen für den Kohlanbau bieten. Lass vereinbarte 1890 mit der Marineverwaltung einen Liefervertrag über eine größere Menge an Weißkohl. 1892 gründete Lass das erste Gemüseversandgeschäft. Der Wesselburener Gärtner und Schröder bauten auf 50 Hektar Gemüse an und verkauften dies mit Gewinn in ganz Deutschland.
Seit dem 17. August 2012 steht das Ehrenmal für Eduard Lass am KOHLosseum in Wesselburen. Das Werk „Der Sämann“ aus Muschelkalk wurde vom Hamburger Bildhauer Professor Arthur Bock (1875 bis 1957) gestaltet. Auch erinnert eine Tafel an die Leistung des Gärtners Eduard Lass und damit an die Geburtsstunde des Kohlanbaus in Dithmarschen.
Weitere Informationen über die 30. Dithmarscher Kohltage und das gesamte Veranstaltungsprogramm gibt es unter www.dithmarscher-kohltage.de.
Text: Melanie Kaacksteen/ Kreis Dithmarschen
Foto: 30. Dithmarscher Kohltage 30 Jahre Feier (c) Dithmarschen Tourismus / Peppel