Unterwegs im Watt. Zwischen Hallig Hooge und dem Japsand flirrt die Sommerluft. Die Sandbank gleißt – und darüber scheint eine Hallig zu schweben. Langeness wird es sein, zu erkennen an den Warften, die wie an einer Perlenschnur aufgereiht liegen.
Seltsam losgelöst in flirrendem Licht. Was sind das für merkwürdige Bilder, die dem Wattwanderer vorgegaukelt werden? Nach langem Marsch über den Meeresboden mag einem die Phantasie einen Streich spielen, doch so verrückt es auch aussieht – es scheint etwas ganz Reales zu sein, das da zu sehen ist. Die Warft, die im Sommerhimmel schwirrt und dort ist, wo sie nicht hingehört und das manchmal sogar noch kopfüber. Schiffe, die über eine Sandbank fahren und stillstehende Vögel, die trotzdem zu fliegen scheinen. Alles nur Illusion?
Im Wattenmeer und von der Nordseeküste Schleswig-Holsteins aus kann man faszinierende Naturbeobachtungen machen – zu den phantastischen Phänomenen gehören sicher die Luftspiegelungen. Die manchmal die Bilder in unserem Verstand im wahren Wortsinn auf den Kopf stellen. Etwas Geisterhaftes. Unfassbar.
Und man kann sogar hinter den Horizont gucken. Rainer Schulz von der Schutzstation Wattenmeer ist von der Westküste der Halbinsel Eiderstedt aus etwas geglückt, was eigentlich gar nicht geht – er hat Helgoland fotografiert: Es ist eine seltsam diffuse Stimmung im Mondlicht. Zu sehen sind im Vordergrund Pferde und ein Pfahlbau – real existierend, dann Sandbänke und Strandkörbe – so, wie es sie dort gibt. Man kann hingehen und das anfassen. Darüber aber schwebt eine Inselsilhouette; das ist klar und deutlich Helgoland: Der Funkmast leuchtet mit seinen roten Lampen, der Leuchtturm blitzt regelmäßig und die Lichter der Insel geben Helgoland mit seinem Hafen Kontur. Dort, wo sie nicht sein darf. Das ist unbegreiflich und wirkt nicht wegen der nächtlichen Stimmung allein gespenstisch und wie ein verrückter Traum. Will man diesen fassen, ist er weg.
Spukhaft ist dieses Auftauchen von Helgoland auch, weil es oft in den Abendstunden stattfindet, etwas Zwielichtiges.
„Luftspiegelungen entstehen durch Ablenkung des Lichtes an unterschiedlich warmen Luftschichten“, erklärt Rainer Schulz von der Schutzstation Wattenmeer. „Lichtstrahlen, die eine kalte Luftschicht durchqueren, stoßen auf die warme Schicht und werden dort reflektiert.“ Damit dieses Phänomen passiert, muss es windstill sein, sodass die Luftmassen stabil übereinander gelagert sind – nur dann kann es die für die Spiegelung notwendige Grenzschicht geben. Diese Spiegelungen sind in der Regel in Bodennähe, beziehungsweise über dem Meer, zu sehen und über dunklen Flächen. Aber auch über Sandbänken schwirren Bilder, die es so gar nicht geben kann: So schwebt ein Mensch samt Sandbank über einer – tatsächlich existierenden – Sandbank. Es sind verrückte Bilder, gleich einer Illusion. Dinge, wie die Rettungsbake von Süderoogsand oder der Leuchtturm von Pellworm, werden durch Brechung oder Beugung herangeholt, verschoben oder dorthin projiziert, wo sie eigentlich überhaupt nicht hingehören. „Schwimmende Träume“ nannte Theodor Storm die Halligen einst, an manchen Tagen sind es sogar schwebende.
Zurück zu Helgoland: „Insbesondere wenn an ruhigen Frühlings- oder Frühsommertagen auf dem Meer warme über kalter Luft geschichtet ist, können Lichtstrahlen gebeugt und um die Erdkrümmung herumgeführt werden. Schiffe oder Inseln, die unter dem Horizont liegen, werden dann quasi angehoben und erscheinen sichtbar“, erklärt Schulz, der weitere faszinierende Fotos solcher Fata Morganas aufgenommen hat (www.schutzstation-wattenmeer.de).
Helgoland beispielsweise liegt mit mehr als fünfzig Kilometern Entfernung außerhalb des Sichtfeldes, wird aber ein, zwei Mal pro Jahr zum Beispiel von St. Peter-Ording aus sichtbar. Manchmal steht die Insel sogar auf dem Kopf.
Es sind zwei Phänomene, die an der Nordsee irre Bilder schaffen: Zum einen ist es die Beugung, die normalerweise nicht sichtbare – weil unter dem Horizont liegend – Dinge, wie zum Beispiel Helgoland oder ferne Schiffe, in den Blick heben. Andererseits sind es die Spiegelungen, die deutlich häufiger zu sehen sind. Das außergewöhnliche Phänomen, Helgoland zu sehen, ist eine Rarität. Die besten Chancen dazu hat man im Frühling oder Frühsommer, wenn das Wasser noch relativ kalt ist und sich demzufolge eine Schicht kalter Luft über dem Wasser bildet, der Sommer aber schon die Luft darüber aufheizt. Um „Helgoland“ zu sehen, braucht man am besten ein starkes Teleobjektiv oder ein Fernglas, so Schulz weiter. Eine Stunde vor Sonnenuntergang beginnen die Leuchttürme an der Küste, und auf Helgoland, ihr Führlicht über die See zu schicken. Das von Helgoland sieht man meist nur als indirekten Lichtschein über dem Horizont. „Wenn aber alle fünf Sekunden ein heller Lichtpunkt aufblitzt, dann ist schon Beugung wirksam und es besteht die Chance, dass sich die ganze Inselsilhouette über den Horizont hebt“, verrät Rainer Schulz.
„Luftspiegelungen kann man besonders häufig bei den längeren Wattführungen erleben, etwa bei den Wanderungen weit hinaus; zum Beispiel vor Friedrichskoog oder St. Peter-Ording“, empfiehlt Rainer Schulz von der Schutzstation Wattenmeer. Ebenso habe man gute Chancen, solche „Fata Morganas“ der Nordsee zu sehen, wenn man an der „Watt- und Sandbankwanderung“ vor Westerhever oder den Touren zu den Halligen Süderoog oder Nordstrandischmoor teilnimmt. „Bei der Führung von Hallig Hooge zum Japsand ist es bei flirrender Hitze manchmal sogar schwierig, Seehunde oder Treibgut auf der Sandbank von Schiffen oder den Amrumer Dünen zu unterscheiden“, berichtet Rainer Schulz, „dann hat man manchmal das Gefühl, in einer Sandwüste unter südlicher Sonne zu stehen!“ Und genau dort vermutet man eine Fata Morgana ja auch. Bis wieder ein Schiff vorüberschwebt. Oder ist das doch alles nur eine Illusion?
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Foto: Luftspiegelung von Helgoland – Copyright Rainer Schulz