Berlin/Frankfurt am Main (pts018/06.05.2015/11:30)
- Eigene Regulierung für Nicht-Banken
- EZB-Bankenaufsicht: Stimmen der mittelgroßen Banken in Europa bündeln
- Plädoyer für eine verstärkte europäische politische Union der Vielfalt und Chancengleichheit
- EU-Trennbankenverordnung: Gleichklang der europäischen und deutschen Regelungen angemahnt
- Causa Heta: Klare Sanktionen erwartet
- Starke Position der öffentlichen Banken in Deutschland
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, spricht sich für ein eigenes Regulierungsregime für Finanzintermediäre ohne Banklizenz aus. Derzeit wird von Seiten der Politik und Aufsicht versucht, diese Finanzmarktakteure im Zuge verschiedener Bankregulierungs-Initiativen mitzuregulieren. „Diese Nicht-Banken, die in Deutschland fälschlicherweise auch immer wieder als Schattenbanken bezeichnet werden, sind mit einer normalen Bank nicht gleichzusetzen. Sie brauchen zweifelsfrei Regulierung, aber eine eigene“, so VÖB-Präsident Dr. Gunter Dunkel auf der Frühjahrs-Pressekonferenz am 6. Mai 2015 in Frankfurt/Main. Das derzeitige System führt nach Ansicht des VÖB zu unnötiger Doppel- und Dreifachregulierung, die zu deutlichen Zusatzkosten führt. Der VÖB fordert daher keine Akkumulation von Regulierung bei Banken, sondern für bank- und bankähnliche Geschäfte ein regulatorisches Level playing field.
Interessen der Banken unter EZB-Aufsicht bündeln
Die ersten Erfahrungen mit dem neuen EU-Regulierungsregime zeigen, dass die laufende Aufsicht intensiver und damit der Austausch zwischen Regulierer und Banken zunehmen wird. Andererseits ist klar, dass die EZB weder die Zeit noch die Möglichkeit habe, mit jeder direkt beaufsichtigten Bank für jedes Detail und Anliegen Einzelgespräche zu führen. Dunkel sieht daher die Notwendigkeit, die Kommunikation auf Dauer stärker zu kanalisieren. Dies gelte vor allem mit Blick auf die mittelgroßen Banken unter EZB-Aufsicht. „Wir setzen uns weiterhin mit großem Nachdruck dafür ein, dass die Stimme der mittelgroßen Banken in Europa in der EZB Gehör findet, unabhängig von deren Größe, Geschäftsmodell, Rechtsform oder Eigentümerstruktur“, so der VÖB-Präsident. Er appelliert, dass nun alle Beteiligten auch säulen- und länderübergreifend zusammenarbeiten müssen, weil „in der neuen Aufsichtswelt kein Platz für Klein-Klein ist, wenn wir nicht alle verlieren wollen“.
Kapitalmarktunion: Öffentliche Banken begrüßen europäischen Binnenmarkt für Finanzierungsinstrumente
Die Kapitalmarktunion sieht der VÖB auf gutem Weg. Als Erfolg wertet Dunkel, dass die EU-Kommission von einer alleinigen Fokussierung auf den Kapitalmarkt, der vor allem in der angelsächsischen Welt für die Finanzierung von Unternehmen eine dominante Rolle spielt, abgerückt ist und nun auch die Kreditversorgung durch Hausbanken als wesentliche Säule der Finanzierung des Mittelstandes anerkannt hat. „Wie wir sieht die EU-Kommission nun Kreditversorgung und Kapitalmarktfinanzierung als komplementär an. Die Gefahr einer Schlagseite ist damit vom Tisch“, so Dunkel.
25 Jahre deutsche Währungsunion: Erfahrungen für Europa nutzen
Anlässlich des bevorstehenden 25. Jahrestages und den Erfahrungen aus der deutschen Währungsunion vom 1. Juli 1990 sprach sich der VÖB-Präsident für eine verstärkte politische Union in Europa aus. „Ohne die politische Union hätte die deutsche Währungsunion seinerzeit nicht funktioniert. Wir brauchen auch in Europa ein Mehr an gemeinsamer Politik als Basis für die Währungsgemeinschaft. Aber auch, um auf internationaler Ebene entsprechend unseres Gewichts wahrgenommen werden zu können und gleichzeitig auch nationalen Egoismen und Alleingängen vorzubeugen. Dabei müssen wir aus den Fehlern der deutschen Währungsunion lernen und Ungleichheit bei Chancengleichheit erlauben“, so Dunkel.
Zu den größten Fehlern der deutschen Währungsunion gehört aus Sicht des VÖB-Präsidenten, dass die westdeutschen Standards unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit zu großen Teilen damals 1:1 in die neuen Länder exportiert wurden, was die Wettbewerbsfähigkeit der neuen und alten Unternehmen wie auch die Volkwirtschaft nachhaltig beeinträchtige. „Wir müssen in Europa die Unterschiede zulassen und dies bei der Standardsetzung berücksichtigen. ‚One size fits all‘ funktioniert nicht. Die Prinzipien müssen die gleichen sein, aber nicht jede Verordnung. So brauchen wir in Europa ein einheitliches Steuerrecht, aber keine einheitlichen Steuersätze. Genauso wie wir in Europa eine Bankenunion brauchen, aber keine Einheitsbank.“
SREP: Vielfalt statt Gleichmacherei
So plädiert Prof. Dr. Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des VÖB, auch dafür, dass die von der EU-Aufsicht im Rahmen des Supervisory Review und Evaluation Process (SREP) durchgeführte Analyse der Bankengeschäftsmodelle nicht die unternehmerische Verantwortung der Geschäftsleitung in Frage stellen darf. Europa brauche auch in der Bankenlandschaft Vielfalt in der Verantwortung der Eigentümer und ihrer Organe. Im Sinne einer nachvollziehbaren Aufsicht fordert Buchholz darüber hinaus eine komplette Offenlegung der Anforderungen, die im Rahmen der Ausgestaltung des SREP durch die EZB an die Banken gestellt werden.
EU–Trennbankenverordnung: Gleichklang der europäischen und deutschen Regelungen unabdingbar
Mit Blick auf die von der Europäischen Kommission vorgelegte Trennbankenverordnung mahnt Buchholz den Gleichklang der europäischen und deutschen Regelungen an. Der Kommissionsvorschlag geht nach Überzeugung des VÖB weit über die Liikanen-Empfehlungen sowie das deutsche und französische Trennbankengesetz hinaus. Zur Bestimmung des Anwendungsbereiches der europäischen Regelungen sollte auf Risikokennzahlen und nicht auf starre Bilanzgrößen des Handelsbestandes zurückgegriffen werden. Zudem sollte der Eigenhandel auf Wertpapiergeschäfte mit kurzfristiger Gewinnerzielungsabsicht ohne jeden Kundenbezug beschränkt werden. Nur so lässt sich das starke europäische Universalbankensystem auf Dauer erhalten. Analog dem deutschen Trennbankengesetz sollten in den europäischen Vorgaben die im Haftungsverbund getätigten Geschäfte ausgenommen und die Vorschriften auf Alternative Investmentfonds mit beträchtlichem Leverage begrenzt werden.
Von Finanztransaktionssteuer Abstand nehmen
Weiterhin kritisch steht der VÖB den Plänen einer Finanztransaktionssteuer entgegen. Aus Sicht der öffentlichen Banken würde die Steuer neben den Banken vor allem auch die Unternehmen und die privaten Haushalte treffen. „Jedes Absicherungsgeschäft eines Unternehmens wird zusätzlich verteuert. Das trifft vor allem die stark exportorientierte Wirtschaft. Hinzu kommt, dass jeder Fondssparplan durch die Steuer zusätzlich unrentabler wird. Das kann nicht im Interesse der Politik sein“, zeigt sich Buchholz überzeugt. Die Bundesregierung wäre gut beraten, Abstand von dem ausgereiften Konzept zu nehmen. Nicht ohne Grund hat sich die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten gegen die Finanztransaktionssteuer bereits entschieden, die auch der Intention einer Kapitalmarktunion entgegenläuft.
Heta: Regeln können nicht einseitig im laufenden Spiel geändert werden
Kein Verständnis zeigt die VÖB-Hauptgeschäftsführerin mit der Entscheidung Österreichs, der HGAA Auffanggesellschaft Heta einen Schuldenschnitt zu verordnen. „Mit diesem Akt der Enteignung sortiert sich das reiche Österreich zwischen Griechenland und Ungarn ein.“ Die Verweigerungshaltung Österreichs, seinen Verpflichtungen nachzukommen, ist nach Ansicht des VÖB der Höhepunkt eines jahrelangen finanzpolitischen Egoismus in Europa, der mit dafür verantwortlich ist, dass die Euro-Zone im Krisenmodus agiert.
Die österreichische Entscheidung hat Auswirkungen, die weit über die Grenzen des Landes hinausgehen, weil sie das Vertrauen in staatliche Garantien grundsätzlich erschüttert hat. „Die Märkte und Markteilnehmer müssen davon ausgehen, dass Österreich plötzlich überall sein kann. Verlierer können am Ende alle Unternehmen und Staaten Europas sein, denn es droht ein Präzedenzfall, der die Refinanzierung für alle verteuert“, so Buchholz. Der VÖB erwartet hier von den Entscheidungsorganen auf europäischer Ebene wie auch von den einzelnen Regierungen klare Signale und Sanktionen gegen das Vorgehen der Republik Österreich.
Öffentliche Banken sind integraler Bestandteil des Finanzplatzes Deutschland
Zufrieden zeigt sich Buchholz mit der Positionierung der Mitgliedsinstitute. Die vorgelegten Abschlüsse aller Landesbanken aus dem Jahr 2014 machen deutlich, dass die Geschäftsmodelle tragfähig sind und im operativen Geschäft nachhaltig Geld verdient wird. Zudem haben die Landesbanken ihre Kapitalstärkungsprogramme in den letzten Jahren konsequent umgesetzt, was nicht zuletzt das Bestehen des EZB-Stresstests Ende 2014 zeigt. Buchholz: „Die Landesbanken sind auch im Krisenszenario gut aufgestellt und starker Teil der deutschen Kreditwirtschaft.“
Die Förderbanken des Bundes und der Länder unterstreichen nach Überzeugung der VÖB-Hauptgeschäftsführerin einmal mehr ihre Rolle für den Wirtschaftsstandort Deutschland, beispielsweise durch die Unterstützung beim Ausbau einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur.
Über den VÖB
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, ist ein Spitzenverband der deutschen Kreditwirtschaft. Er vertritt die Interessen von 64 Mitgliedern, darunter die Landesbanken sowie die Förderbanken des Bundes und der Länder. Die Mitgliedsinstitute des VÖB repräsentieren mit über 2.686 Milliarden Euro 35 Prozent der Bilanzsumme des deutschen Bankenmarktes (Geschäftsjahr 2013). Mit knapp 76.000 Beschäftigten nehmen die öffentlichen Banken ihre Verantwortung für Mittelstand, Unternehmen, die öffentliche Hand und Privatkunden wahr und sind in allen Teilen Deutschlands fest in ihren Heimatregionen verwurzelt. Mit 46 Prozent sind die VÖB-Mitgliedsbanken Marktführer bei der Kommunalfinanzierung und stellen zudem rund 23 Prozent aller Unternehmenskredite in Deutschland zur Verfügung.
Aussender: Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. (VÖB)
Ansprechpartner: Dominik Lamminger
E-Mail: dominik.lamminger@voeb.de
Tel.: +49 (0)30 8192-162
Website: www.voeb.de
Quelle: www.pressetext.com/news/20150506018
PDF: www.pressetext.com/news/media/20150506018