Berlin (pts026/02.12.2014/12:30) – Berlin und Thüringen sind Spitzenreiter beim Thema nachhaltige Mobilität. Das ist das Ergebnis eines Ländervergleichs, den die Allianz pro Schiene am Dienstag in Berlin vorstellte. Der wissenschaftlich begleitete Bundesländerindex Mobilität, der 2014 zum dritten Mal in Folge erscheint, vergleicht die Mobilität aller 16 Bundesländer, indem er Statistik und Verkehrspolitik vergleichbar aufbereitet. Acht Themen fließen in das Gesamtergebnis ein: Beschäftigung im öffentlichen Verkehr, Flächenschonung, Klimaschutz, Lärmvermeidung, Luftqualität, Sicherheit im Straßenverkehr, Sicherheit im öffentlichen Verkehr und Wertschöpfung. Das Bundesland Berlin hat sich 2014 an die Spitze des Ländervergleichs gesetzt. Den zweiten Rang erreichte das Flächenland Thüringen gefolgt von Baden-Württemberg (3) und Nordrhein-Westfalen (4). Schlusslichter im Hinblick auf „nachhaltige Mobilität“ sind Bayern (15) und Hamburg (16).
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, lobte bei der Vorstellung des Ländervergleichs, dass immer mehr Länder ihre Mobilität nachhaltig gestalten wollten. „Der Index macht transparent, dass Verkehr kein Naturereignis, sondern eine politische Aufgabe ist.“ Flege verwies auf das Land Berlin, das sich speziell für den Verkehr eigene Ziele gesetzt habe und seit drei Jahren zu den Spitzenreitern im Index gehöre. Ein echter Aufsteiger sei Thüringen: „Thüringen hat sich seit dem ersten Bundesländerindex Mobilität konkrete politische Ziele zu Klimaschutz, Luftqualität und Flächenschonung erarbeitet“, sagte Flege. Ein „Land mit Nachholbedarf“ nannte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer das Schlusslicht Hamburg. „Bei einigen mobilitätsrelevanten Statistiken schneidet Hamburg zwar gut ab, aber auf der politischen Zielebene setzt sich der Senat kaum konkrete quantitative Ziele.“
Bei der Verkehrssicherheit gibt es Licht und Schatten beim Bemühen der Länder, die Zahl der Toten und Schwerverletzten zu senken. „Berlin hat mit 11 Getöteten pro eine Million Einwohner die wenigsten Verkehrstoten. Bei den Schwerverletzten ist die Zahl in Hamburg am niedrigsten“, sagte der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR), Walter Eichendorf. Trotzdem seien die guten Werte in vielen Ländern kein Grund zum Feiern. „Der Index zeigt: Die Verkehrssicherheitsarbeit muss in Zukunft intensiviert werden, damit die insgesamt positive Entwicklung nicht zum Stillstand kommt. Einige Bundesländer gehen mit gutem Beispiel voran und setzen sich ehrgeizige Ziele.“ Eichendorf forderte alle Länder im Sinne der Sicherheitsstrategie Vision Zero zu energischen Anstrengungen auf. „Brandenburg, das Land mit den meisten Getöteten und Schwerverletzten im Ländervergleich, hat 2014 ein neues Verkehrssicherheitsprogramm auf den Weg gebracht: ein ganz wichtiger Schritt“, sagte Eichendorf.
Für den Bundesvorsitzenden des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Michael Ziesak, bringt das Länderranking Übersicht in das Dickicht der Umwelt-Indikatoren. „Besonders der Flächenverbrauch wird bisher kaum als Umweltproblem wahrgenommen“, sagte Ziesak. „Trotzdem haben sich schon sechs Bundesländer konkrete Flächensparziele gesetzt: das sind Berlin, Hessen, Niedersachsen, NRW, Sachsen und Thüringen.“ Beim Klimaschutz zeigte sich Ziesak weniger begeistert von den Fortschritten. „Der Verkehrssektor ist das Klimasorgenkind Nummer eins, aber nur vier Bundesländer setzen sich bisher eigene Verkehrsziele“, sagte Ziesak. Ärgerlich sei die Lage in Niedersachsen: „Die Landesregierung in Hannover ist die einzige, die ganz auf ein Klimaschutzziel verzichtet“, sagte Ziesak. Kein Wunder, dass die CO2-Werte im Verkehr in Niedersachen noch ähnlich hoch seien wie 2006.
Martin Burkert, Vorstandsmitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, würdigte die sozialen Indikatoren, die der Bundesländerindex ebenfalls berücksichtige. „Im Gegensatz zu den ökologischen und ökonomischen Faktoren werden die sozialen Dimensionen in der Nachhaltigkeitsdebatte oft vernachlässigt. Der aktuelle Bundesländerindex bewertet die Tariftreuegesetzgebung, das Sicherheitsempfinden von Fahrgästen und Arbeitsplätze im öffentlichen Verkehr“, sagte Burkert. „Fahrgastbefragungen belegen, dass Reisende sich sicherer fühlen, wenn Personal auf Bahnhöfen oder in Zügen ansprechbar ist. Insofern gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Indikatoren“, sagte der EVG-Vorstand. „Bei der Tariftreue geht es darum, dass das intelligenteste Konzept und nicht ein Lohnsenkungswettlauf die Ausschreibung entscheidet.“
Für den Bundesländerindex Mobilität hat sich die Allianz pro Schiene wissenschaftliche Begleitung gesichert: Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Leiter des Lehrstuhls für Logistikmanagement an der Universität St. Gallen, begleitet den Index seit seiner Entstehung. „Weil der Bundesländerindex Statistik und politische Ziele gleichermaßen betrachtet, erfassen wir Anspruch und Wirklichkeit“, sagte Stölzle. „Als lernendes System betrachten wir im Index 2014 nicht nur den Status Quo, sondern auch die Entwicklung. So können wir sehen, ob ein Land, das sich durch ehrgeizige Ziele auszeichnet, auch in der Realität Fortschritte macht oder umgekehrt: ob ein Land, das sich kaum Ziele setzt, auch in der Realität mit Problemen zu kämpfen hat.“
Weitere Informationen:
* Der Bundesländerindex Mobilität 2014 steht ab sofort als Broschüre zum Download bereit: http://1drv.ms/1txJhiI
* Für die Fernseh-Redaktionen: Sendefertige O-Töne von Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege und VCD-Bundesgeschäftsführer Michael Ziesak können hier heruntergeladen werden: cloud.allianz-pro-schiene.de/public
Licht und Schatten: So sieht es in den einzelnen Ländern aus
Baden–Württemberg (Platz 3 – 60 Pkt.)
Ein Abo auf die Bronzemedaille
Nachhaltige Mobilität hat im Musterländle Vorfahrt: Mit Rang drei im Ländervergleich ist Baden-Württemberg auch in diesem Jahr ganz vorne mit dabei. Besonders bei Klimaschutz, Luftqualität und Verkehrssicherheit sticht das Land hervor. Und auch für die Zukunft haben die Verkehrspolitiker in Stuttgart ehrgeizige Ziele.
Bayern (Platz 15 – 42 Pkt.)
Versteckspiel bei den Klimagasen
Im Bundesländervergleich zur nachhaltigen Mobilität schneidet Bayern beim Flächenverbrauch, bei der Luftqualität und beim Lärm schlecht ab. Wenig hilfreich ist auch, dass der Freistaat als einziges Bundesland die Verursacherbilanz seiner CO2-Werte geheim hält. Ein Trost: Beim Sicherheitsgefühl seiner Fahrgäste erreicht Bayern Bestnoten. Wirtschaftlich steht die regionale Verkehrsbranche sehr robust da.
Berlin (Platz 1 – 69 Pkt.)
Die Hauptstadt ist der Primus
Eins mit Sternchen: Das Land Berlin glänzt beim Klimaschutz, geht sparsam mit der Fläche um und setzt sich ehrgeizige Ziele bei der Luftqualität. Unter Verkehrslärm leiden mehr Berliner als Einwohner in anderen Ländern, aber der Senat steuert zumindest mit eigenen Lärmschutzzielen in eine bessere Zukunft.
Brandenburg (Platz 9 – 49 Pkt.)
Leise bis ins Mark
Wer Verkehrslärm hasst, ist in Brandenburg gut aufgehoben. Fast nirgendwo in Deutschland leiden so wenige Menschen unter Verkehrslärm wie in der Region zwischen Lausitz und Uckermark. Allerdings ist die Zahl der Verkehrstoten in Brandenburg weiter alarmierend hoch, wenn auch die Landesregierung in Potsdam jetzt mit einem Programm gegensteuert.
Bremen (Platz 7 – 51 Pkt.)
Ein Hoch auf die Hansestadt
Nachhaltige Mobilität ist in Bremen kein Fremdwort. So belegt die Hansestadt im Ländervergleich insgesamt den siebten Rang, bei den ökonomischen Indikatoren ist der Hafenstandort sogar Spitzenreiter. Der Fahrdienst von Bussen und Bahnen ist personell bestens ausgestattet. Allerdings macht der Verkehrslärm den Bremern zu schaffen.
Hamburg (Platz 16 – 42 Pkt.)
Zeit zum Umsteuern!
Nachhaltige Mobilität hat in Hamburg Nachholbedarf. Im Vergleich aller Bundesländer platziert sich die Hansestadt nur in der Schlussgruppe. In vielen Bereichen – Flächeninanspruchnahme, Lärm, Luftqualität und Verkehrssicherheit – schneidet das Land schlecht ab. Das liegt auch daran, dass dem Senat konkrete politische Ziele fehlen. Andere Länder sind da weiter. Lichtblicke sind der Masterplan Klimaschutz und der Qualitätssprung beim Sicherheitsgefühl der Reisenden im öffentlichen Verkehr.
Hessen (Platz 6 – 52 Pkt.)
Im Zeichen des Flughafens
Nachhaltige Mobilität bildet sich aus Zielkonflikten. Der Frankfurter Flughafen ist dafür ein Musterbeispiel: Er beschert Hessen Bestwerte bei den wirtschaftlichen Kennzahlen und zugleich die höchsten CO2-Werte pro Einwohner in der ganzen Republik. Die Spitzengruppe im Ländergleich erreicht Hessen beim Sicherheitsgefühl der Reisenden im öffentlichen Verkehr. Insgesamt Rang 6.
Mecklenburg–Vorpommern (Platz 14 – 45 Pkt.)
Verkehr frisst Fläche
Gute Werte beim Verkehrslärm können ein Trost sein, wenn ansonsten das Mittelmaß herrscht. Dass auf jeden Einwohner des Landes inzwischen 430 Quadratmeter Verkehrsfläche entfallen – im Nachbarland Schleswig-Holstein sind es 248 Quadratmeter – sollte die Landesregierung in Schwerin alarmieren: Immer mehr Asphalt für immer weniger Menschen? Nachhaltig geht anders.
Niedersachsen (Platz 8 – 50 Pkt.)
Viel gute Luft
Niedersachsen spielt in vielen Bereichen der nachhaltigen Mobilität im Mittelfeld. Spitze im Bundesländervergleich ist allerdings die Luftqualität in den niedersächsischen Städten: nirgendwo atmen die Bürger in Deutschland weniger Feinstaub ein. Beim Klimaschutz geht Niedersachsen einen Sonderweg: Es ist das einzige Bundesland ohne eigenes Klimaschutzziel.
Nordrhein–Westfalen (Platz 4 – 55 Pkt.)
Vision Zero beim Straßenverkehr
Im Pro-Kopf-Vergleich gehören die Straßen im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW zu den sichersten der Republik. Auch absolut gesehen sinkt die Zahl der Toten. Beim verkehrsbedingten Flächenfraß hat die Landesregierung in Düsseldorf auf die Bremse getreten. Trotzdem gibt es in der nachhaltigen Mobilität noch echte Schwachstellen: Beim Verkehrslärm und der Luftqualität gehört Nordrhein-Westfalen zur Schlussgruppe im Ländervergleich. Insgesamt Rang 4.
Rheinland–Pfalz (Platz 5 – 53 Pkt.)
Die Dynamik stimmt
Mit der nachhaltigen Mobilität in Rheinland-Pfalz geht es bergauf. Zwar schneidet das Bundesland in einigen Bereichen nicht gut ab, doch holt es im Ländervergleich auf. So steigt etwa die niedrige Zahl von Beschäftigten im öffentlichen Verkehr und die hohen Opferzahlen im Straßenverkehr entwickeln sich rückläufig. An den rheinland-pfälzischen Bahnhöfen sehen viele Reisende allerdings ein Sicherheitsproblem.
Saarland (Platz 13 – 45 Pkt.)
Vorzeigbare Klimabilanz
Die nachhaltige Mobilität könnte im Saarland insgesamt mehr politischen Rückenwind gebrauchen. So hängt etwa die gute Klimabilanz ohne verkehrspolitische Ziele der Saarbrücker Landesregierung ein wenig in der Luft. Das Sicherheitsgefühl der Reisenden im öffentlichen Verkehr ist im Ländervergleich niedrig. Auch hier besteht Handlungsbedarf.
Sachsen (Platz 11 – 46 Pkt.)
Verkehrswende steht noch aus
Der Freistaat Sachsen hat die Weichen noch nicht auf nachhaltige Mobilität umgestellt. Obwohl es beim Verkehrslärm und dem Flächenverbrauch Lichtblicke gibt, überwiegt der Schatten. Der Straßenverkehr fordert weiterhin viele Opfer, und Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer, deren CO2-Werte im Verkehr nicht nur nicht sinken, sondern signifikant steigen.
Sachsen-Anhalt (Platz 12 – 45 Pkt.)
Endstation Nachhaltigkeit noch weit
Laut ist der Verkehr in Sachsen-Anhalt nicht. Trotzdem hat die Politik noch einige Haltestellen vor sich, bevor die Endstation „Nachhaltige Mobilität“ erreicht ist. Bei der Flächeninanspruchnahme, den Opferzahlen im Straßenverkehr, dem Sicherheitsgefühl der Fahrgäste im öffentlichen Verkehr oder beim Thema Wertschöpfung fährt das Land in der Schlussgruppe der Bundesländer mit. Ein Lichtblick neben der geringen Verkehrslärmbelastung: die gute Klimabilanz.
Schleswig–Holstein (Platz 10 – 48 Pkt.)
Solides Mittelfeld
Bei der nachhaltigen Mobilität rangiert das nördlichste Bundesland im soliden Mittelfeld. Zwar ist beim Lärmschutz, der Luftqualität und der Klimabilanz Schleswig-Holstein im Ländervergleich unter den Besten, beim Thema Sicherheit besteht allerdings Handlungsbedarf: die Opferzahlen im Straßenverkehr sind nicht so niedrig, dass Kiel sich eine engagierte Verkehrssicherheitsarbeit sparen sollte. Und die Fahrgäste in Bussen und Bahnen fühlen sich im Norden weniger sicher als in anderen Regionen Deutschlands.
Thüringen (Platz 2 – 64 Pkt.)
Deutscher Meister bei der Sicherheit
Im Freistaat sind die Weichen auf nachhaltige Mobilität gestellt. In keinem Bereich rangiert Thüringens Verkehrspolitik in der Schlussgruppe der Bundesländer, überall erreicht das Land mindestens das Mittelfeld oder stößt gleich in die Spitzengruppe vor. Ein echter Lichtblick ist die Verkehrssicherheit: Auf den Straßen sinken die Opferzahlen und das Sicherheitsgefühl der Reisenden auf Bahnhöfen ist so hoch wie nirgendwo sonst in Deutschland.
Aussender: Allianz pro Schiene e.V.
Ansprechpartner: Dr. Barbara Mauersberg
E-Mail: barbara.mauersberg@allianz-pro-schiene.de
Tel.: +49 (30) 24 62 599-0
Website: www.allianz-pro-schiene.de
Quelle: www.pressetext.com/news/20141202026
Fotohinweis: Grafik Gesamtergebnis (Copyright: Allianz pro Schiene)