Alte Handwerkstechniken erleben beim Jugendstilmarkt Bad Nauheim

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Bad Nauheim (pts022/16.08.2011/14:45) – Wie ein altes Möbelstück sein Gesicht behalten kann und welch spannende Arbeit dahintersteckt, präsentiert der Jugendstil-Restauratoren- und Kunsthandwerkermarkt beim Bad Nauheimer Jugendstilfestival vom 09. bis 11. September 2011. Insgesamt 60 Restauratoren und Kunsthandwerker lassen sich in der historischen Trinkkuranlage bei der Arbeit über die Schulter schauen und zeigen einen Querschnitt ihres künstlerischen Schaffens. Typische Stuck-, Keramik-, Glas-, Holz-, Näh- oder Schmuckarbeiten werden nicht nur vorgeführt, sondern können zum Teil auch erworben werden.

„Es wird nicht geschliffen“, lautet eine der goldenen Regeln in der Restaurierungs-Werkstatt von Barbara Naumburg. „Holz arbeitet, es entwickelt Struktur“, erklärt die Inhaberin. Und daran lasse sich auch die jahrzehntealte Geschichte des Möbels ablesen: „Es hat alles mitbekommen.“ Aus diesem Grund werden in der Frankfurter Werkstatt für Möbel und Holzobjekte bei der Restaurierung auch keine Gebrauchspuren entfernt, lediglich unästhetische Ablagerungen. Ganz wichtig sei es, dass die Patina erhalten bleibe: „Das Alter des Möbels muss ablesbar sein. Und die Oberfläche ist sein Gesicht.“ Besitzern von antiken Möbeln rät Naumburg, nicht selbst Hand anzulegen, und vor allem nicht zu reinigen. Denn damit zerstöre man die Oberfläche. Barbara Naumburg plant fürs Jugendstilfestival die Restaurierung eines alten Möbels. Dabei wird sie nur Materialien verarbeiten, die auch bei der Entstehung verwendet wurden. „Das Material muss in die Zeit passen und es muss auch in Zukunft reparierbar sein.“ Der Vorher-Nachher-Effekt bei der Restaurierung eines Stückes macht der Frankfurterin großen Spaß. „Man muss unheimlich gut in Stilkunde sein“, erklärt sie, „und wissen, welche Hölzer zu welcher Zeit benutzt wurden, welche Dekore, Stoffe oder Gestaltungsmöglichkeiten.“ Auf das Spezialwissen, das Naumburg sich über viele Jahre angeeignet hat, ist sie stolz. Gerne wird sie es beim Jugendstilfestival mit Interessierten teilen. Weiterhin wird sie Einblicke in ungewöhnliche Berufe geben, von denen mancher vielleicht gar nicht wusste, dass sie noch ausgeübt werden.

„Der Restauratorenmarkt dreht sich um die Baukunst des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts“, erläutert Gustav Jung, Bad Nauheimer Architekt in der Denkmalpflege und Initiator des Marktes. „Wir wollen zeigen, dass diese alten Techniken noch heute beherrscht werden. Es gibt diese Handwerker alle noch. Man muss sie nur finden.“ Der Markt wolle dabei behilflich sein, die richtigen Handwerker für Objekte von der Gründerzeit bis zum Jugendstil aufzuspüren. „Wir wollen die Verzagtheit von Hauseigentümern beenden, die oftmals das Gefühl haben ‚uns hilft ja keiner'“, so Jung.

Rund 70 Prozent der Kunden von Stephan Ewald aus Friedberg sind Besitzer alter Häuser. Ewald führt den größten reinen Stuckateurmeisterbetrieb im Rhein Main Gebiet. Er und seine vier Mitarbeiter machen keine Verputz- oder Malerarbeiten, sondern sind alleine auf Stuck spezialisiert. Beim Jugendstilfestival in der Bad Nauheimer Trinkkuranlage will Ewald zeigen, wie Stuckornamente von alten Farbschichten freigelegt werden: „Da sind teilweise fünf, sechs, sieben Farben aus unterschiedlichen Materialien drauf. Die müssen runter, damit die Reliefs wieder konturenscharf rauskommen.“ Neben der Restaurierung von altem Stuck gehört auch die Herstellung von neuen Stuckgesimsen oder -girlanden zu Ewalds Aufgaben. „Oftmals ist in einem alten Haus nur noch ein Teil des Stucks erhalten, der wird dann ergänzt.“ In Gießen haben Ewald und seine Mitarbeiter gerade eine frühere Jugendstilfassade komplett rekonstruiert, alles anhand von alten Fotos. Das Ziehen des Stucks aus Modellgips oder Zement funktioniert noch immer nach „der gleichen Technik wie vor ein paar hundert Jahren.“ Diese Technik will Ewald ebenfalls beim Jugendstilfestival vorführen.

Sein Handwerk nach alter Tradition auszuüben, ist auch für Ludwig Reydt elementar. Der Malkünstler stellt seine Farben beispielsweise mit Öl, Terpentin oder Bier her: „Bier ist ein sehr altes Bindemittel, es gibt nach wie vor nichts Besseres. Wenn es trocknet, wird es klebrig. Die moderneren haben eine andere Konsistenz.“ Wird Reydt gefragt, was er genau er macht, lautet seine Antwort: „All das, was keiner braucht, aber schön ist.“ Seine Steckenpferde sind die Rekonstruktion historischer Wandmalereien und die Materialimitation. Außerdem erschafft er Architektur-Illusionen, lässt Bogengänge entstehen, wo keine sind, und zaubert Türen, die echt wirken, aber nicht geöffnet werden können. Das Spiel mit der Perspektive, mit Licht und Schatten fasziniert den Künstler. Im Jugendstil gehörte „die Imitation von Marmor oder Holz zum guten Ton, vorrangig in Belgien, Frankreich und Süddeutschland. Jeder, der hier etwas auf sich hielt, brauchte das“, so Reydt. Deshalb wird der Bad Camberger eine solche Imitation beim Restauratorenmarkt erstellen. Eine Dia-Show vermittelt den Besuchern zudem einen Überblick über die vielfältigen Arbeiten des Malers.

„Gesamtkunstwerk Jugendstil“ lautet das Motto des sechsten Jugendstilfestivals. Vom 09. bis 11. September blüht das Lebensgefühl der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wieder auf. Die Besucher erwartet ein Erlebnis für alle Sinne, sei es bei lukullischen Genüssen wie vor 100 Jahren, der stilechten Modenschau oder der typischen Musik von anno dazumal. Das Schönheitsideal um 1900 ist in diesem Jahr ebenso Thema wie Industriekultur. Spezielle Führungen bieten einzigartige Einblicke in Europas größtes geschlossenes Jugendstil-Ensemble.

Das gesamte Programm zum 6. Jugendstilfestival ist in der Bad Nauheimer Tourist Information (Tel. 06032/929920) sowie als Download im Internet unter www.jugendstilfestival.de erhältlich.

Aussender: Bad Nauheim Stadtmarketing und Tourismus GmbH
Ansprechpartner: Monika Prestel
E-Mail: info@bad-nauheim.de
Tel.: +49 (0)6032 929920

Quelle: www.pressetext.com/news/20110816022
Fotos: www.pressetext.com/news/media/20110816022
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